„Ich spielte einige Kompositionen von diesem schrecklichen Brahms. Was für ein unbegabter Bastard,“ ärgerte sich Tschaikowsky über Brahms, dem er aufgeblasene Mittelmäßigkeit unterstelle, die fälschlicherweise als Genie gefeiert wurde. Diese Abweisung von Brahms' Musik wird oft zitiert, doch als der russische Komponist Brahms 1888 tatsächlich traf, entwaffnete ihn dessen Bescheidenheit und er war ergriffen von seiner Liebenswürdigkeit: „Er […] ist gar nicht so stolz, wie ich gedacht hatte.“

Was provozierte Tschaikowskys Feindseligkeit gegenüber Brahms' Musik? Vielleicht missfiel ihm die Art, in der Kritiker wie Eduard Hanslick Brahms als den Hüter der klassischen Tradition verkündeten, während seine eigenen Werke verrissen oder ignoriert wurden. Dieses kritische Ungleichgewicht hat sich bis ins 21. Jahrhundert gehalten. Tschaikowsky wird manchmal als populistischer Komponist verhöhnt, doch er berührt die Herzen auf eine Weise, wie es nur wenige andere Komponisten tun. So sehr ich Brahms mag (seine späteren Klarinettenwerke sind etwas ganz Besonderes), so sind doch die emotionalen Qualitäten in Tschaikowskys Musik bemerkenswert. Er schrieb so schöne Melodien wie jeder andere Komponist des 19. Jahrhunderts, und sein Können in einer Vielzahl von Gattungen – Symphonie, Kammermusik, Oper, Ballett – ist beachtlich.

Genießen Sie die große Vielfalt der Musik in den sechs Videos in diesem Kampf der Geburtstagskinder, und stimmen Sie für Tschaikowsky mit einem Tweet oder einem „Gefällt mir“ auf Facebook. Sie wissen, wählen ist wichtig!

Symphonie Nr. 5 in e-Moll

Tschaikowskys Symphonien wurden gelegentlich als zu balletthaft abgelehnt (wobei Dornröschen wiederum als zu symphonisch abgetan wurde... Kritiker!), aber ich hätte jeden Satz auswählen können, um sein melodisches Talent zu demonstrieren. Die Fünfte allerdings ist ein Favorit, voller Angst. Wie schon in der Vierten zieht sich auch hier ein „Schicksalsthema“ wie ein roter Faden durch das Werk. Viele Menschen sehen das Finale als triumphale Bekräftigung, dass alles gut werden wird... Ich sehe es eher als leeren Sieg: eine stoische Resignation in Anbetracht des Schicksals. Valery Gergiev dirigiert das Orchester des Mariinski-Theaters.

Schwanensee

Ballettkompanien sind auf Tschaikowsky angewiesen: Karten für SchwanenseeDornröschen und den Nussknacker verkaufen sich immer, und aus guten Grund, nicht zu vergessen andere Ballette, die auf seiner Musik aufbauen (zum Beispiel John Crankos Onegin). Schwanensee ist für viele Menschen das Sinnbild von Ballett. Die Musik für den Pas de deux im zweiten Akt ('Weißer Schwan') ist exquisit... ganz so wie diese Darbietung hier, mit Marianela Núñez  als Odette und Thiago Soares als Siegfried.

Eugen Onegin

Puschkins Versroman Eugen Onegin nimmt in russischen Herzen einen ganz besonderen Platz ein. Tschaikowskys Oper (oder 'lyrische Szenen', wie er es nennt) enthält einige seiner innigsten, emotionalsten Musik. In der berühmten Briefszene schreibt Tatjana an Onegin und gesteht ihm ihre Liebe (die er dann abweist). Das Leben ahmte die Kunst nach, als Tschaikowskys Schülerin Antonina Miljukowa 1877 an ihn schrieb – mit ganz anderem Ausgang. Wahrscheinlich, um Gerüchte über seine Homosexualität zu vertreiben, hielt er um ihre Hand an, und sie wurden später im selben Jahr (unglücklich) verheiratet.

Dimitri Tscherniakows Inszenierung von Eugen Onegin für das Bolschoi-Theater verursachte eine Kontroverse in Moskau, aber die Briefszene – hier gesungen von Tatiana Monogarova – verbildlicht Tatjanas fieberhafte Verliebtheit überzeugend:

Violinkonzert in D-Dur

Tschaikowsky war in die Schweiz gereist, um sich von der Depression zu erholen, in die er ob seiner desaströsen Ehe mit Antonina gefallen war. Es war eine glückliche Zeit, in der er mit dem Violinisten Josef Kotek an seinem Violinkonzert arbeitete, wie man deutlich im Finale hört. Es ist ein lebhafter Kosakentanz, wenngleich das melancholische russische Introspektive nie weit entfernt ist. In diesem Video wird es vom legendären David Oistrach gespielt, begleitet von den Moskauer Philharmonikern und Gennady Roschdestwenski.

Streichquartett Nr. 1 in D-Dur

Tschaikowsky schrieb wundervolle Kammermusik, von Klavierminiaturen zu Streichquartetten. Ein melancholischer Faden zieht sich durch den zweiten Satz des Ersten Streichquartetts, das nun in vielen Adaptionen ein Eigenleben entwickelt hat. Hier wird es vom renommierten Borodin Quartett gespielt:

Nur wer die Sehnsucht kennt

Tschaikowsky komponierte über 100 Lieder, aber „Nel, tol'ko tot, kto znal“ - besser bekannt als „Nur wer die Sehnsucht kennt“ - ist das bekannteste. Basierend auf einer russischen Version von Goethe erzählt es eine bekannte Geschichte von romantischem Leid. Dmitri Chworostowski singt es hier:

Nur wer die Sehnsucht kennt

Weiß, was ich leide!

Allein und abgetrennt

Von aller Freude,

Seh ich ans Firmament

Nach jener Seite.


Ach! der mich liebt und kennt,

Ist in der Weite.

Es schwindelt mir, es brennt

Mein Eingeweide.

Nur wer die Sehnsucht kennt

Weiß, was ich leide!


Diese sechs Werke zeigen exemplarisch Tschaikowskys Vielfältigkeit und sein großes Talent für Melodie. Lassen Sie sich davon überzeugen und geben Sie Tschaikowsky Ihre Stimme in diesem Geburtstagswettstreit.

 

Aus dem Englischen übertragen von Hedy Mühleck