Nicht erst seit den Klimaprotesten der Fridays For Future-Bewegung und den Aktionen des Aktivist*innen-Bündnisses Letzte Generation ist klar: Es muss sich etwas ändern! Nachhaltigkeit, eine Verringerung des CO2-Ausstoßes und klimafreundlicheres Handeln gehen uns alle an und jede*r kann einen Beitrag leisten! Dies sind Wünsche und Forderungen, die auch in der Klassikbranche immer lauter werden und nicht nur von Konsument*innen, vielmehr auch von den Orchestern und Konzerthäusern selbst verstärkt thematisiert werden.
Eines der „Orchester der ersten Stunde” in Sachen Nachhaltigkeit sind laut Annette Lux die Bamberger Symphoniker. Sie ist Geschäftsführerin von Lux Reisen und langjährige Organisatorin der Konzerttouren der Bamberger sowie zahlreicher anderer, renommierter Orchester und Chöre weltweit. Mit ihr habe ich über die bereits einige Jahre währenden Bestrebungen des Orchesters nach klimafreundlicherem Reisen und der Reduktion ihres CO2-Fußabdrucks gesprochen. Sie hat die Bamberger bereits bei vergangenen Konzerttouren, beispielsweise in die USA, den Oman, nach Japan und durch Europa begleitet und weiß um die Möglichkeiten, aber auch die Hürden, denen sich das Orchester stellen muss.
Seit einigen Jahren gibt es seitens vieler Orchester verstärkt Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit: „Es gab einige wenige Orchester, die dann auf uns zugekommen sind und gefragt haben: ‚Was können wir denn machen?' Und dazu gehörten auch die Bamberger Symphoniker“, so Annette Lux. „Das nahm dann auch richtig an Fahrt auf bis Anfang 2020“, doch dann legte die weltweite Pandemie diese Bemühungen vorerst auf Eis. Nun, zwei Jahre später, nachdem die Reisebeschränkungen weitestgehend aufgelöst sind, setzen die Bamberger Symphoniker ihren Anspruch „Resonating worldwide“ wieder in die Tat um und tragen ihren einzigartigen Klang mit zwei Tourneen nach Spanien und Asien erneut in die Welt.
Die Bamberger Symphoniker sind eines der reisefreudigsten Orchester Deutschlands. Als Kulturbotschafter Bayerns und ganz Deutschlands können sie auf rund 7.500 Konzerte in über 500 Städten und 63 Ländern zurückblicken. Die bevorstehenden Konzerttouren lassen natürlich auch Fragen nach Einbindung nachhaltiger und klimaschonender Praktiken aufkommen.
Bei einer professionellen Konzertreise mit so vielen Teilnehmer*innen gibt es, anders als bei privaten Reisen, zusätzliche Gesichtspunkte und Abhängigkeiten, die es zu beachten gilt, wie Lux erläutert: „Es ist natürlich immer ein Abwägen bei der Planung einer Tournee, denn es geht ja nicht nur um den reinen Profit, sondern auch darum, dass die künstlerische Leistung im Vordergrund zu stehen hat.” So wirft sie die berechtigte Frage auf, ob Musiker*innen, die tagsüber zehn oder mehr Stunden gereist sind, am Abend wirklich die vom Publikum erwünschten Höchstleistungen erbringen können. Zusammen mit den Bamberger Symphonikern erarbeitet sie daher Lösungen, denn für viele Szenarien gibt es durchaus Alternativen.
Die künstlerische Leistung des Orchesters ist nur einer von vielen Gesichtspunkten, die es bei der langfristigen Planung von Konzertreisen zu beachten gilt: Sei es die Anzahl der Konzerte und die Dauer der Tour, die eine weite Reise insgesamt lohnender und dementsprechend nachhaltiger macht, aber auch die damit verbundenen zusätzlichen Kosten für alle Beteiligten. Zudem müssen diese weiteren Kosten, die bei der Wahl von klimaschonenderen Transportmitteln oder Kompensationen anfallen, gerechtfertigt werden: „Die Kultur ist leider auch in vielen Fällen von Zuschüssen, von Förderern und Sponsoren abhängig”, so Lux, “und auch Orchester können nur auf ein endliches Budget zurückgreifen.”
Besonders Orchester, die durch öffentliche Gelder gefördert werden, haben keine unerschöpflichen Finanzen. Klimafreundlichere Lösungen sind oft teurer; dennoch sind sie für Annette Lux eine lohnende Investition: „Ich denke auch, dass dies ein langfristiger Prozess ist und jetzt erst mal ein Umdenken stattfinden muss. Aber wenn man in kleineren, aber dafür sicheren Schritten vorangeht, kann man sich langfristig Standards erarbeiten, sodass die Kompensation von Flügen bei Orchestertouren oder auch die Wahl von zertifizierten Hotels Standard werden kann.”
Andererseits spricht sie ein omnipräsentes Problem an: Greenwashing. Allein in der Hotelbranche gibt es über 50 Zertifikate und Siegel zum Thema Nachhaltigkeit, doch nicht alle sind sinnvoll und vertrauenswürdig. „Viele haben ein Zertifikat nur, weil es ein Zertifikat gibt, aber nicht, weil sie ‚grüner‘ als andere sind. Da ist es wichtig, besonders genau hinzuschauen.” Lux ist mit vielen Dienstleistern wie Fluggesellschaften, Hotel- und Busreiseunternehmen im Gespräch: „Ich sammle viele Informationen, erarbeite Konzepte und habe auch externe Hilfe herangezogen, um einen noch besseren Beratungsleitfaden für die Orchester anzubieten.”
So war das Erste, was man gemacht hat, bei den Strecken, die man gut auch mit dem Zug zurückzulegen kann, auf das Flugzeug zu verzichten. Dies betrifft vor allem Ziele im Inland, aber je nach Distanz auch in angrenzenden Ländern. Gleichzeitig räumt sie aber ein: „Manchmal hat man keine Alternative. Dann gibt es nur das Flugzeug.” Doch auch da möchten Lux und die Bamberger Symphoniker sich nicht geschlagen geben, sondern haben sich Kompromisse und Ausgleichsmöglichkeiten überlegt, beispielsweise die Kompensation der Flüge und dem Kauf von sogenanntem „Sustainable Aviation Fuel“ („Nachhaltiger Luftfahrttreibstoff“, der aus nichtfossilen Rohstoffen nachhaltig hergestellt wurde und einen geringeren CO2-Ausstoß hat), welcher für die kommende Konzertreise in Spanien in Erwägung gezogen wird. Statt sich mit einfachen Kompensationslösungen zufrieden zu geben, zieht Annette Lux regelmäßig Expert*innen zu Rate, lässt sich beraten und besucht Tagungen und Konferenzen, um stets auf dem neusten Stand zu sein und den Ansprüchen der Bamberger näher zu kommen. In Zukunft wird sie sogar in der Lage sein, die genaue CO2-Ersparnis einer Reise zu berechnen und zu beziffern, was die Verbesserungen nochmals greifbarer werden lässt.
Doch als Orchester mit einem Kulturauftrag lässt sich Nachhaltigkeit nicht nur am CO2-Ausstoß messen. „Nachhaltigkeit hat für mich mehrere Säulen. Es geht hier auch um den Kulturaustausch. Das Miteinander Reden ist mindestens genauso wichtig und die Musik ist eine Sprache, die jeder versteht.“ Daher planen die Bamberger Symphoniker, Projekte in den Ländern ihrer Konzertreisen zu fördern und finanziell zu unterstützen.
„Aber es geht ja nicht nur um das Reisen, sondern auch um das Leben von Nachhaltigkeit zu Hause. Was kann ich zu Hause verändern?”, fragt sie und erwähnt beispielsweise die Energieeffizienz der Bühnenbeleuchtung, aber auch das Essensangebot in der Kantine. So gibt es nicht nur große Ziele wie die Reduktion von Emissionen unterwegs, sondern bereits kleine Veränderungen im hauseigenen Konzertsaal, die einen Unterschied bewirken.
Einen Anstoß gaben die Ziele des „Orchester des Wandels e.V.”, die Natur- und Klimaschutz als Teil des Kulturauftrags sehen und mit Expert*innen und Wissenschaftler*innen Strategien zum Einsparen von Emissionen erarbeiten, sowie der „Green Touring Guide”, eine ursprünglich von der Popakademie Baden-Württemberg konzipierte Anleitung mit zahlreichen Vorschlägen zu „grüneren” Tournee-Gestaltung. Davon inspiriert erarbeitete sie mit den Bamberger Symphonikern alle das Reisen betreffenden Ziele. Denn die „Bamberger sind definitiv ein Vorreiter und sie machen sich tatsächlich mehr Gedanken als andere Orchester“, berichtet Lux.
Auch wenn es um die Zusammenarbeit mit anderen Orchestern geht, findet ein reger Austausch statt und man fragt sich: „Können wir uns in irgendeiner Weise zusammenschließen und gemeinsam Informationen austauschen? Es geht hierbei nicht darum, wer der Beste ist, sondern vielmehr darum, Synergien zu schaffen. Und wenn man sich dabei tatsächlich mit anderen Orchestern zusammenschließt, die in Sachen Nachhaltigkeit auch weit vorne sind, dann profitiert jeder davon!”
“Die Bamberger Symphoniker haben den Vorteil, dass sie flexibel sind, und nicht wie viele andere Orchester so sehr durch Rundfunk- und Tarifstrukturen eingeschränkt, wodurch sie nicht so viele Möglichkeiten haben. Die Bamberger haben den Vorteil, dass sie wirklich selbstständig Projekte kreieren können.” Und dieser Gestaltungswille zeigt sich auch beim Blick auf die aktuelle Spielzeit, die unter dem Motto „Schöpfung” steht und deren Bemühungen vom Intendanten Marcus Axt in den Mittelpunkt gerückt werden: „Bei alldem steht Nachhaltigkeit für uns doppelt im Fokus. Denn die Spuren, die wir als Orchester hinterlassen, sollen musikalisch wie ökologisch einen Unterschied machen und dazu beitragen, die Zukunft aktiv mitzugestalten.“
Der Begriff der Nachhaltigkeit scheint omnipräsent, doch es geht hierbei nicht nur um Umweltschutz. So weiß die Leitung der Bamberger Symphoniker um ihre Verantwortung als Arbeitgeber, denn „viele Orchestermitglieder haben Familie, haben Kinder, und sind allein deshalb ganz selbstverständlich in ihrem Leben auf Nachhaltigkeit, auf Zukunftssicherung ausgerichtet. Und sie fordern dieses Engagement zu Recht auch von ihrem Arbeitgeber ein.”
Laut Annette Lux haben „Orchester zudem eine Vorbildfunktion, wenn man bedenkt, dass etwa 2000 Zuhörer*innen bei jedem Konzert im Saal sitzen. Wenn diese dann mitbekommen, dass das Orchester entsprechendes auf sich genommen hat, mit dem Zug gereist ist oder Flüge kompensiert hat, dann kommt dieses Umdenken vielleicht auch beim Publikum an. Dann hat man letztendlich genau das erreicht, was man erreichen wollte!”
Die Bamberger Symphoniker sehen sich in Zukunft nicht nur mit ihrem Kulturauftrag in der Pflicht, sondern übernehmen auch aktiv Verantwortung in Sachen klimaschonendem Reisen und Nachhaltigkeit. So können sie weltweit für Resonanz sorgen – nicht nur in Hinblick auf einmalige Konzerterlebnisse, sondern auch bei ihrer Vorreiterrolle eines nachhaltigen, klimafreundlichen Reise-Orchesters.
Dieser Artikel wurde von den Bamberger Symphonikern gesponsert.