Nachdem die ersten beiden Tage der Salzburger Osterfestspiele gespaltene Meinung hervorrief, war das Salzburger Publikum am dritten Festivaltag wieder ganz beglückt von Thielemann, Mutter, Harrell, Bronfman und der Staatskapelle Dresden. Mit dem klassisch gehaltenen Programm und gleich drei erstklassigen Solisten wäre alles andere aber auch eine große Überraschung gewesen.

Ganz so klassisch ist Beethovens Tripelkonzert für Klavier, Violine, Violoncello und Orchester dann doch nicht. Anstelle eines einzigen Solisten wie bei einem konventionellen Instrumentalkonzert üblich setzt Beethoven auf gleich drei Solisten, die noch dazu ein eigenständiges kammermusikalisches Klaviertrio bilden. Eben in dieser Besetzung treten Anne-Sophie Mutter, Lynn Harrell und Yefim Bronfman regelmäßig auf; das machte sich an diesem Abend im Tripelkonzert bemerkbar. Auf dem sanften Nährboden des Orchesters spielte jeder der drei Solisten seine individuellen Stärken aus.

Lynn Harrell schlich sich mit seinen Parts in die erklingende Musik hinein und ließ sein Cello sängerisch frei ertönen, besonders im zweiten Satz mit romantisch angehauchten, glissandierenden Tönen; Anne-Sophie Mutter setzte mit forschem Klang dagegen. Wenn auch jeder der Solisten seine einzigartigen Qualitäten im Trio präsentierte, wurden ineinandergreifende Themen in den drei Instrumenten geschlossen gestaltet. Hervorragend waren hierbei Mutters Fortspinnungen der Cellomotive im dritten Satz. Mit hellem und festem Ton bot Yefim Bronfman Mutter und Harrell ein rhythmisch exaktes, unerschütterliches Fundament für ihre Artikulationen, die im Laufe des Konzertes zunehmend freier und energischer wurden.

In den beiden weiteren Stücken des Abends wurde deutlich, was Thielemann mit der Staatskapelle schon im Tripelkonzert andeutete: Tschaikowskys Fantasie-Ouvertüre zu Romeo und Julia und Liszts Dritte Symphonische Dichtung waren durchzogen von stetiger Steigerung und Entwicklung, vorrangig in der Dynamik. Doch Forte heißt nicht gleich Forte: Thielemann hob mit enorm differenzierter Dynamik den Entwicklungscharakter der Stücke hervor. Mystisch und abgehoben erklang Tschaikowskys Fantasie-Ouvertüre, in der nicht jedes Kapitel von Romeo und Julia musikalisch nacherzählt wird, sondern vom Komponisten in übergeordneten Themen zum Ausdruck gebracht wurde.

Mit vollem und sattem Klang zeigte die Staatskapelle im ersten Satz außerordentlich lange Dynamikanstiege und eine vollkommene Gleichberechtigung der Stimmen im polyphonen Abschnitt. In den kleinen Phrasen des zweiten Satzes dagegen kreiste die Musik kontinuierlich um sich selbst. Fortwährende kleine Höhepunkte zeichneten den klanglichen Charakter, nicht mehr das lange Sehnen nach einem großen Zielpunkt. Das wiederkehrende Liebesthema im dritten Satz gestalteten die Musiker noch eindringlich emotionaler und dicker als zuvor, bevor es bald einer sich allmählich heranschleichenden Bedrohlichkeit wich, die sich im heraufschraubenden Crescendo subtil bemerkbar machte.

Christian Thielemann gab durch etwas ruhiger gewählte Tempi dem Klang Raum zur Entfaltung. Sein Orchester erhielt die Zeit, Phrasen genüsslich auszuspielen, ohne das Stück langsam wirken zu lassen. Tschaikowskys Romeo und Julia-Ouvertüre als eine leichte, im Wind getragene Traumblase endet weniger mit einem Platzen dieser Blase, sondern verklang bei Thielemann sehr sacht und gab gewollte Rätsel über die Authentizität dieser Fantasie auf. 

In Liszts lyrisch-heroischer Tondichtung, die das Programm abschloss, wurde die gesamte Breite der dynamischen und artikulatorischen Flexibilität des Orchesters erfahrbar. Behutsam wurde das erste Thema immer wieder von Neuem angesetzt und ganz allmählich gesteigert. Dabei entwickelten die Musiker nicht nur dynamisch, sondern auch artikulatorisch und emotional mit großer Spannung, von eleganter Zurückhaltung bis hin zu energetisch ausgelassenem Spiel und beendeten ein wie erwartet hochkarätiges Konzert mit einem ausgedehnt heroischen Finale.

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